[Selfpublishing Buchpreis 2023 / 2024] Frank Rychlik – Das Interview
– Stell dich noch einmal kurz in 2-3 Sätzen vor –
Ich habe Physik und Technik elektronischer Bauelemente studiert und bin Diplom-Ingenieur geworden. Bereits während meines Studiums habe ich an der damaligen TH Ilmenau, heute technische Universität, den Science-Fiction-Literaturklub PHANTOPIA gegründet, der bis heute wohl der älteste noch existierende SF-Fanclub aus der ehemaligen DDR sein soll. Seit der Einführung der Marktwirtschaft auf dem Gebiet der ehemaligen DDR war ich jahrzehntelang als geschäftsführender Gesellschafter eines Produktionsbetriebes tätig. Nun bin ich im (aktiven) Ruhestand.
– Stelle dein Buch in max. 5 Sätzen vor –
Es geht um die Liebe zweier Männer zu einer Frau, um politische Machtspiele und natürlich um die Entstehungsgeschichte des größten Amphitheaters aller Zeiten im Jahr 80 n. Chr. Ein gescheiterter Anschlag des aristokratischen Nebenbuhlers Tullius auf den jungen Sklaven Verus führt zur unbeabsichtigten Ermordung des Führers der Senatsopposition, der im Machtkampf mit dem Kaiser Vespasian dort zufällig zwischen deren Fronten gerät. Sein Tod löst eine Staatskrise aus, welche noch Jahre später die Schicksale der Rivalen bestimmt und die Spiele am Eröffnungstag des neuerbauten Kolosseums überschattet. Höhepunkt ist der real stattgefundene und vom römischen Dichter Martial überlieferte Gladiatorenzweikampf zwischen Verus und Priscus.
– Beschreibe deine Reaktion auf die Nominierung –
Ich habe die Bekanntgabe der Longlist zusammen mit meiner Frau live verfolgt. Ich habe eigentlich nicht damit gerechnet, hatte aber dennoch ein kleines Fünkchen Hoffnung. Doch als Tamara Leonhard von einem weit in der Vergangenheit zurückliegenden Ort sprach, wo auf Leben und Tod gekämpft wird, schlug mein Herz höher, und als sie die Figur Tullius erwähnte, bin ich vor Freude ausgeflippt. Nun, wieder normal geworden, bin ich immer noch happy und mein beherrschendes Gefühl ist die unendliche Dankbarkeit gegenüber denjenigen, die zur Nominierung meines Buches beigetragen haben. Es ist schön, dass es den Buchpreis gibt. Und es hat mich schon überrascht, dass dieser ziemlich stark beachtet wird.
– Erzähle uns von deinen Beweggründen das Buch zu schreiben –
Ich habe schon immer neue Herausforderungen geliebt. Und so habe ich bereits frühzeitig den Entschluss gefasst, später im Ruhestand nicht nur den Roman zu schreiben, sondern ihn auch im Selbstverlag herauszugeben. Das heißt, ich habe alles das erledigt, was sonst ein Verlag macht. Die BBC-Dokumentation „Colosseum-Arena des Todes“ hat mich thematisch angeregt. Ich habe das natürlich nicht kopiert, sondern im Gegenteil, eine in weiten Teilen völlig andere Geschichte erzählt. Der Stoff hat mich aber angeregt, denn der Blick in die Vergangenheit ist zugleich auch ein Spiegel unserer Gegenwart. Da ich zusammen mit meiner Frau per Wohnmobil durch Europa reise, habe ich die meisten Handlungsorte besucht. Auch habe ich einen jahrelangen sehr großen Rechercheaufwand betrieben. Ich finde, Autoren historischer Romane haben eine Verantwortung. Obwohl ihre Romane ja keine Geschichtsbücher sind und Abweichungen gegenüber der realen Historie zu Gunsten der Story absolut akzeptierbar sind, muss jedoch der erzählte historisch-kulturelle Kontext authentisch bleiben.
– Dein Lieblingsteil in deinem Buch –
Ich muss das Folgende herausgreifen, da ich keinen Teil besonders bevorzuge (Achtung Spoiler): Der junge von der schönen Licinia geliebte Decurio Verus soll infolge einer von seinem Nebenbuhler, dem Tribun Tullius, inszenierten Intrige hingerichtet werden. Licinia opfert sich für ihren Geliebten, indem sie in die Ehe mit dem ungeliebten Tribun einwilligt. Im Gegenzug sorgt Tullius dafür, dass Verus nicht hingerichtet, sondern nur versklavt wird. Doch der Tribun bricht sein Versprechen gegenüber Licinia, denn insgeheim arrangiert er den Verkauf von Verus in die illyrischen Minen, wo dieser seinen baldigen Tod finden soll. Doch durch glückliche Umstände verschlägt es Verus auf ein großes Landgut, wo er in der Sklavenhierarchie zum stellvertretenden Verwalter aufsteigt. Verus will sich seine Freiheit erdienen, um sich an Tullius zu rächen und seine Liebe wieder zurückzuholen. Vor diesem Hintergrund handelt folgende Scene: Eines Tages besucht der Besitzer, ein hochrangiger Senator, das Landgut. In dessen Reisegesellschaft kommt auch Tullius an, der inzwischen kaiserlicher Quästor geworden ist und die Steuerabgaben prüfen soll. Er wird von Licinia begleitet. Verus, der beim Empfang in einem Spalier aus Sklaven stehen muss, bedrücken widersprüchliche Gefühle. Einerseits freut er sich, Licinia wiederzusehen und hofft darauf, dass sie ihn freikaufen wird, andererseits muss er aber fürchten, dass Tullius ihn im Spalier entdeckt. Dann würde Tullius wissen, dass er noch lebt und ihm erneut nach dem Leben trachten. Als Licinia, die einige Schritte hinter ihrem Ehemann und dem Senator, ohne die Sklaven zu beachten, ganz dicht an ihm vorbeischreitet, zerreißen ihn die Gefühle. Er kann seine Geliebte nicht ansprechen, ohne sich in Todesgefahr zu begeben. Würde ihn Licinia im Spalier von selbst entdecken? Was geschähe, wenn dann auch Tullius auf ihn aufmerksam werden würde?
– Deine Meinung zur diesjährigen Longlist –
Ich habe alle Bücher in der Rubrik Belletristik auf Amazons „Leseprobe lesen“ angelesen. Es gibt ja unterschiedliche Geschmäcker. Aber ich denke, es ist für jeden etwas dabei. 732 Titel kann niemand in Gänze lesen. Für die Auswahl werden wohl neben den äußeren Kriterien die jeweilige Thematik, die Originalität der Grundidee, der Sprachstil u. ä. den Ausschlag gegeben haben. Die Vielfalt abseits vom Mainstream der Verlage fällt dabei wohltuend auf, und die literarische Qualität scheint ebenfalls zu stimmen. Ich glaube, da hat die Jury gute Arbeit geleistet. In der Shortlist wird sich natürlich einiges ändern. Zehn Titel lassen sich eher tiefgründig prüfen, und erst recht drei. Dann geht es ans Eingemachte. Aber vielleicht sind ja mehrere Titel gleichgut. Dann entscheidet das Glück. Naja, das braucht man eigentlich irgendwie immer.
– Deine Worte zu den Leser*innen –
Jeder Autor möchte, dass sein Buch gelesen wird. Deshalb gilt jedem Leser meines Buches mein aufrichtiger Dank, ganz egal wie es bewertet wird. Mancher ist vielleicht enttäuscht, weil es kein klassisches Happy End gibt, oder findet das Politische etwas anstrengend. Andere, und die sind in der überwältigenden Überzahl, sind aber gerade von der Einbettung einer Liebesgeschichte in einen antiken Politthriller fasziniert. Aber dass es spannend zugeht, da scheinen sich fast alle einig zu sein, jedenfalls entnehme ich das den schriftlichen Bewertungen (4,2 Sterne von 95 Bewertungen bei Amazon). Ich wünschte mir allerdings, dass diejenigen, die mir bei Amazon weniger als vier Sterne geben, dazu etwas schreiben und es nicht nur beim Anklicken lassen würden, denn es gibt keine einzige schriftliche Bewertung mit weniger als vier Sternen.